Bravo-Rufe zum Abschied

Olga Minkina leitet Isselhorster Kantorei in Rossinis "Petite Messe solennelle"

VON MATTHIAS GANS

Gütersloh. Für viele - vor allem deutsche - Ohren klingt Gioacchino Rossinis "Petite Messe solennelle" auch 150 Jahre nach der Uraufführung in vielen Teilen eher nach großer Oper denn nach Kirchenmusik. Doch selbst Kritiker werden einwenden müssen, dass es Rossini mit dieser schmal besetzten, aber im Umfang keineswegs kleinen Messe durchaus Ernst meinte.

Die Isselhorster Kantorei, die Werke solchen Kalibers für gewöhnlich nicht im Repertoire hat und auf dem Programmzettel unverdient verschwiegen wird, meisterte unter der Leitung der scheidenden Interims-Kantorin Olga Minkina die schwierige Aufgabe mehr als Respekt heischend.

Zu Anfang wirkte das Klangbild des Chores zwar noch etwas matt, das "Kyrie" als "Kiirie" doch etwas zu spitz gesungen. Doch schnell gewannen die Choristen Vertrauen in ihr vokales Tun und wurden den belcantistischen Anforderungen des Stückes ebenso differenziert gerecht wie den polyphonen Passagen.

Insbesondere für die Fuge "Cum sancto spiritu" mit ihren ausschweifenden Durchführungen brachten die Choristen den langen Atem und die notwendige Beweglichkeit mit. Auch dass die Herrenfraktion etwas schwach besetzt war (nur drei Tenöre) balancierte Dirigentin Olga Minkina mit genauer Zeichengebung und ermunternden Blicken unaffektiert und gekonnt aus.

Auch in solistischer Hinsicht konnte die Aufführung für sich einnehmen. Der gebieterische Bass von Andreas Jören verfügte nicht nur über reichlich metallenen Glanz, sondern ließ in der "Quoniam"-Arie auch Samtigkeit erkennen.

Rudolf Reimer schmetterte mit euphorischem, zunächst noch leicht nasalem Stentortenor die Arie "Domine Deus". Von sanfterer Natur waren die Stimmen der Damen. Im Duett "Qui tollis peccata mundi" setzten Felicitas Jacobsen (Sopran) und Bettina Pieck (Alt) statt auf große Geste auf tief empfundene Innigkeit. Ein Eindruck, der sich auch in den solistischen Beiträgen der Sängerinnen bestätigte.

David Boos brachte sicher die charakteristischen Klänge des Harmoniums ein. Vor allem aber Anja David brillierte. Die Klavierprofessorin von Olga Minkina an der Herforder Kirchenmusikhochschule absolvierte auf ihrem eigenen Flügel den umfangreichen und anspruchsvollen Klavierpart mal dezent begleitend, wenn nötig und geboten aber auch virtuos zupackend und mit orchestraler Klangfülle. Höhepunkt: das subtil gestaltete "Preludio religioso".

Nach 90 Minuten: "Standing Ovations" für alle Ausführenden und Bravo-Rufe für Olga Minkina. Sie selbst betrachtet ihre zwei Jahre in Isselhorst als eine Zeit, "in der ich unglaublich viel gelernt habe, wo ich sehr viele Möglichkeiten hatte, Dinge auszuprobieren". Kantorin Birke Schreiber findet also nach ihrem Mutterschaftsurlaub ein gut bestelltes Feld vor.

 

© 2013 Neue Westfälische, Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung

Gütersloh, Samstag 28. Dezember 2013